- Vierte-Mai-Bewegung
- Vierte-Mai-Bewegung,chinesisch Wu-si yundong [»Fünf-vier-Bewegung«], Bezeichnung einer politisch-kulturellen Studentendemonstration, die am 4. 5. 1919 vor dem »Tor des Himmlischen Friedens« in Peking stattfand. Sie richtete sich zunächst nur gegen die Benachteiligung Chinas bei den Versailler Friedensverhandlungen, besonders gegen die (später zurückgenommene) Anerkennung Japans als Nachfolger Deutschlands im Pachtgebiet von Kiautschou, der die offizielle chinesische Regierung kaum Widerstand entgegensetzte. Da die Bewegung von zahlreichen prominenten Gelehrten (z. B. Hu Shi, Chen Duxiu) aufgenommen wurde, breitete sie sich landesweit zu einem generellen Protest gegen äußere koloniale Unterdrückung und innere nationale Schwäche aus. Die Gründe für die Ohnmacht des Landes sah man im Konfuzianismus mit seiner hierarch. Staats- und Gesellschaftsordnung und in der Literatursprache mit ihrem zweckfreien Bildungsideal, denen man »democracy« und »science« (als Fremdwörter zur Bezeichnung von Demokratie und [exakter] Wissenschaft ins Chinesische übernommen) sowie die alleinige Verwendung der modernen Umgangssprache und modernen Denkens entgegensetzte. Die Vierte-Mai-Bewegung, zu deren mittelbaren Folgen auch die Gründung der KP Chinas gehörte, gilt als Grenzscheide zwischen der traditionellen und der modernen chinesischen Kultur. Die offizielle Siebzigjahrfeier ging an der historischen Stätte des Pekinger »Platzes des Himmlischen Friedens« (»Tiananmenplatz«) in den Studentenprotesten für mehr Freiheit und Demokratie unter, die in der Nacht zum 4. 6. 1989 von der Armee blutig niedergeschlagen und zu einer Entsprechung der Vierten-Mai-Bewegung am Ende des 20. Jahrhunderts wurden (chinesisch Liu-si yundong, »Vierte-Juni-Bewegung«, eigentlich »Sechs-vier-Bewegung«).W. Franke: Chinas kulturelle Revolution. Die Bewegung vom 4. Mai 1919 (1957);
Universal-Lexikon. 2012.